vom Autor Beso vom 9.Juni 2005
Wenn man nicht gerade das Glück hat, seine sexuellen Phantasien und
Vorlieben in einer Partnerschaft ausleben zu können, wird man immer wieder
versucht sein, gleichgesinnte Menschen zu treffen. Das Internet mit seinen
vielen Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme bietet sich hier an. Doch ist im
Netz jeder das, was er oder sie vorgibt? Fakes sind Personen, die vorgeben,
etwas anderes zu sein als sie sind. Natürlich bietet das anonyme Medium
Internet für Fakes eine ideale Spielwiese. Allerdings ist im Chat nicht
jede "Devote_Sie23" oder jede "Sklavin28" devot. Unter Umständen handelt
es sich nicht einmal um eine Frau. Ähnliches gilt umgekehrt:
Der "DeSade259" und der "StrengerHerr5225" müssen weder sadistisch
noch streng sein. Vielleicht haben sie nicht einmal Erfahrung auf dem Gebiet
des Sadomasochismus und geben sich lediglich als etwas aus, dass sie
nicht sind. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Keiner kommt als perfekter
Top auf die Welt (Was ist das eigentlich: Der "Perfekte Top"?). Jeder muss
lernen, auf beiden Seiten, und das ist auch gut so. Aber der Fairness halber
sollte man dem Partner vorher sagen, was man kann und wo die eigenen
technischen Grenzen liegen.
Aber wie erkennt man nun Fakes?
Die meisten Fakes sind zum Glück schlechte Vertreter ihrer Gattung und man
erkennt sie relativ leicht. Andere sind schon wieder schwer zu enttarnen. Es
bietet sich eine Abstufung an:
"Discounter-Fake"
Das Discounter-Fake ist herrlich leicht zu erkennen. Es verrät sich meist
schon durch seinen Namen. Es nennt sich z.B. "Anja19bi_rasiert", hat aber in
Wirklichkeit jeden Morgen Probleme, die Bartstoppel aus dem Gesicht zu
bekommen. Oder es nennt sich "Sklavin20_nass", heißt in
Wirklichkeit "Alfred", ist um die vierzig Jahre alt und hat schon einen feuchten
Traum, wenn es eine Frau sieht.
Das gleiche gilt im Chat für die Herren der Schöpfung. Zwar ist
der "Dom18_mit_Erfahrung" sicher ein Mann, fraglich ist allerdings, wo er
seine Erfahrungen her haben will.
Das Discounter-Fake zeichnet sich zudem dadurch aus, dass es stets sofort
(Cyber-)Sex haben will. Das muss man aber verstehen, schließlich
sitzt "Sklavin21" gerade nur mit einem kleinen Slip bekleidet vor dem
Rechner. Und da muss man sich beeilen, wird ja sonst kühl, was?
"Fake-de-Luxe"
Fakes-de-Luxe sind da schon schlauer: Sie wählen einen Nicknamen, der
nicht gar so auffällt. Fakes dieser Klasse verraten sich oft erst, wenn sie sich
beschreiben sollen.
"Claudia28" ist nämlich so schlau, dass sie sich Mails nicht
an "[E-Mail-Adresse entfernt]" schicken lässt, sondern stilecht den
Account "[E-Mail-Adresse entfernt]" benutzt. Von hier
schreibt "Claudia28" dann, dass sie "blaue Augen" hat, ganz klar umrahmt
von blondem, mindestens schulterlangem Haar. Sie hat eine sportliche Figur
mit schönen, großen und festen Brüsten. Und ihren kleinen Po betont sie auch
gerne.
Unglaubwürdig wird das Ganze spätestens dann, wenn über die Totalrasur
der Schamhaare, ihre vier Piercings (Brüste, Schamlippe links und rechts)
schreibt.
Das Fake-de-Luxe verschickt sogar Bilder von sich, aber hier ist es dann
meist vorbei. Im Anhang der Mail findet sich ein Bild, wie Mann es sich
erträumt. Die dralle Blonde liegt perfekt ausgeleuchtet breitbeinig auf dem
Bett, jedes Detail der Zimmerdekoration stimmt. Und das Bild hat der
ehemalige Freund mit der Kleinbildkamera gemacht? Wow!
Es ist ja auch so einfach: Hier schreibt ein Mann einem anderen Mann, wie er
sich seine ideale Frau in seiner Phantasie vorstellt. Und dabei werden halt
nun mal die gängigsten Klischees bedient.
"Weibliche" Fakes dieser Klasse werden jedes Telefonat ablehnen.
Begründungen werden sein "Ich bin nicht bei mir zu Hause.", "Ich bin nicht
allein.", "Ich bin noch im Büro...". Realtreffen werden sie sowieso immer
ablehnen.
Angebliche Doms dieser Preisklasse verhalten sich ähnlich. Sie sind
bezüglich Angaben zu ihrem Äußeren normal und zurückhaltend. Lediglich
beim Chat zum Thema Sexualpraktiken geht ihnen der Gaul durch: Da
schreiben sie dann von 3-Kilo-Gewichten, die natürlich an nur einer
Schamlippe zu hängen haben - und verraten so allen, die es lesen wollen,
dass sie noch nie mit Gewichten gearbeitet haben.
Männliche Fakes dieser Kategorie sind auch zu realen Treffen bereit. Bei
ihnen ist nicht die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht gefaked, sondern ihr
Wissensstand. Es sind oftmals einfach Männer, die denken, sie könnten
als "dominanter Mann" schnell an eine willige Frau kommen und mit der dann
mal all das machen, wovon sie schon lange träumen. In Wirklichkeit haben sie
keine Erfahrungen mit devoten Frauen und können daher bei einer Session
viel Schaden anrichten.
"Stealth-Fake"
"Jetzt wird es psychologisch, meine Herren". Das sagt Jürgen Prochnow im
Film "Das Boot", es trifft aber auch hier zu. Das "Stealth-Fake" ist mit allen
Wassern gewaschen, spielt seine Rolle so perfekt, dass es nicht zu enttarnen
ist.
"Justine" hat frühzeitig signalisiert, dass ihr nur an einem Mail-Kontakt
gelegen ist, "SirSoundso" hat schon bei einem der ersten Treffen im Chat
gesagt, dass er verheiratet ist und wegen seiner Kinder jedes Realtreffen
ablehnt. Das Stealth-Fake gibt keine Chance zur Enttarnung.
Natürlich gibt es auch dominante Frauen und Männer, die aus diesen und
jenen Gründen ein reales Treffen ablehnen - vielleicht führen sie wirklich ein
glückliche Beziehung und wollen diese nicht gefährden. Ebenso gibt es
devote Frauen und Männer, die nur den Kitzel in der Phantasie suchen. Aber
diese Personen fallen dann ja auch nicht unter den Begriff des "Fake".
Psychologisch interessant ist, was Fakes dann noch von ihrem Spiel haben?
Es wird für sie nie zu einem Telefonat kommen, nie ein reales Treffen geben...
Oftmals sind es gestörte Persönlichkeiten, die nicht zur Führung normaler
sozialer Beziehungen in der Lage sind. Die Scheinwelt des www wird für sie
zum realen Bezugspunkt. Hier entwickeln sie dann auch eine Art
Besitzdenken dem Chat- oder Mail-Partner gegenüber. Und das kann schon
unangenehm werden, wenn das Betreten des Chats mit der Sorge verbunden
ist, ob "Er" oder "Sie" da ist.
Daher Hände weg bei diesem Typus. Es gibt eine Grenze, ab der man
keinerlei persönliche Informationen mehr gegenüber diesen Leuten
preisgeben sollte. Wo dieser Punkt liegt, kann man nicht definitorisch genau
sagen: Wichtig ist hier der Verlass auf die eigene Menschenkenntnis.
Können Fakes gefährlich sein?
Wirklich gefährlich sind nur die Fakes, die sich als dominanter Mann oder als
echte Lady ausgeben und dabei gar nicht wissen, wie sie welche Praktik
ausüben. Hier wird jedes Treffen zu einem Sicherheitsrisiko, da der
vermeintliche Top nicht weiß, was er tut - und dies nicht einmal zuzugeben
bereit ist..