Hallo an alle,
ich habe nun mal wieder Zeit.
Und deshalb gibt es heute die zweite Episode zum Thema Suchtentwicklung von Dr. Mett. Wurst
Das Entstehen von Verlangen vom neuro-biologischen und chemischen Standpunkt aus, habe ich ja schon erlÀutert.
Heute kommt jetzt die AusprÀgung der tatsÀchlichen Sucht und dem AbhÀngigkeitsverhalten.
Wie schon erwÀhnt wird aus Verlangen nicht immer Sucht.
Kommt es jedoch dazu, liegt das zumindest bei der Alkohol- und Kokainsucht an dem Botenstoff Glutamat. Glutamat ist ein wichtiger erregender Neurotransmitter im zentralen Nervensystem. Beim Alkoholkonsum wird seine erregende Wirkung jedoch kurzfristig gedĂ€mpft, und zwar folgendermaĂen: In einem Gehirnareal, das mit dem Belohnungssystem interagiert, blockiert der konsumierte Alkohol an den EmpfĂ€nger-Nervenzellen die Rezeptoren (= NMDA-Rezeptoren).
Dadurch kann das von den Sender-Nervenzellen ausgeschĂŒttete Glutamat dort nur teilweise andocken. Die Konsequenz: Das von einer Nervenzelle zur nĂ€chsten Nervenzelle weitergeleitete Signal ist schwĂ€cher als sonst. Alkoholkonsum fĂŒhrt daher oft zu einem kurzfristigen GefĂŒhl angenehmer Entspannung.
Aufgrund der blockierten Rezeptoren und des schwachen Signals schĂŒtten die Senderzellen jetzt erst recht Glutamat aus. Denn das Glutamatsystem soll wieder in sein altes Gleichgewicht gebracht werden. Ist dann auf einmal kein Alkohol mehr im Körper vorhanden, weil nicht getrunken wird, stehen die Glutamatrezeptoren wieder voll und ganz zur VerfĂŒgung. Kein Alkohol blockiert sie mehr. Das viele freigesetzte Glutamat dockt jetzt an ihnen an. Eine sehr starke SignalĂŒbertragung ist die Folge. Da Glutamat ohnehin erregend wirkt, kommt es nun leicht zu einer Ăbererregung.
Die Ă€uĂert sich sehr hĂ€ufig in Unruhe und Gereiztheit bis hin zur AggressivitĂ€t.
Der Griff zum kurzfristig entspannenden Alkohol ist naheliegend. Hört man wieder auf zu trinken, kommt es erneut zur Ăbererregung. Zur Entspannung wird wieder Alkohol getrunken und schon wird ein Teufelskreis gestattet. Es kann eine Spirale beginnen, die in der AbhĂ€ngigkeit endet.
Das fatale an dieser Entwicklung ist, das man zwar die bio-chemischen Prozesse kennt und erklĂ€ren kann. Aber den âPoint of no Returnâ, d.h. ab welchem Zeitpunkt ist das dann so, den kann keiner bestimmen.
Das macht die Suchtentwicklung so gemein.Es geht vorher keine Lampe an und sagt: Achtung, gleich ist es soweit.
Es passiert einfach und dann ist es zu spÀt.
Im nÀchsten Teil wird es um Entzug und das SuchtgedÀchtnis gehen.
Und wenn ich dann noch Lust habe. evtl. auch noch ĂŒber Desensitivierung und Umlernen bzw. ĂŒber Therapieformen und Behandlungsmöglichkeiten.
J.